Der vorliegende Text ist die Projektbeschreibung der Installation "Bestandteil sein " für die Abteilung Kommunikation der Dresdner Bank:

Bernhard Schipper
Göschenstraße 2-4
04317 Leipzig

Dresdner Bank
Abteilung Kommunikation
z. H. Frau Bernhard
Goerdelerring 5 – 9
04109 Leipzig

Projektbeschreibung Ausstellung Ars Lipsiensis Dresdner Bank

Titel: "Bestandteil sein"

Die Ausstellung "Bestandteil sein", welche für die Dresdner Bank konzipiert wurde beruht auf der bisherigen Entwicklung des Projektes "I am the doorway". Dieses Projekt formuliert eine einfache Mensch-Maschine-Schnittstelle. "I am the doorway" formuliert aber auch die biblische Metapher aus dem Buch Johannes: "...ich bin das Tor..." "I am the doorway" entstand als Software-Entwicklung in der Fachklasse für Computergrafik and der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Diese Software ermöglicht es, digitale Information in Bitmaps zu kodieren. Diese Bitmaps können per Tätowierung in Haut permanent eingeschrieben werden. Die menschliche Haut wird Datenträger. Mit Handscannern oder Videokameras werden die tätowierten Bitmaps wieder in DV-Systeme eingelesen.

Im Frühjahr 2000 wurde die Software auszugsweise auf der CeBIT in Hannover vorgestellt und erfuhr dort kommerzielles Interesse. Von besonderer Bedeutung für die Industrie war, die relative Sicherheit der zweidimensionalen Kodierung (im Gegensatz zur eindimensionalen Kodierung eines Barcodes), die verblüffend einfache Anwendung, sowie die Möglichkeit die Kodierung auch für andere industrielle Bereiche (wie z.B. Transportation-Technologies, Container-Shipping) einzusetzen. Aufgrund dieses Interesses wurden drei verschiedene Anwendungsmöglichkeiten für dieses Verfahren herausgearbeitet: Animal-Labelling, Human Identification und Container-Shipping. Aus künstlerischer Sicht spielt in diesem Zusammenhang aber auch die zweite Seite der Medaille industriellen Interesses eine ernstzunehmende Rolle. Wie alle Innovationen aus dem High-Tech-Bereich lässt sich diese Entwicklung auch missbrauchen. Anwendungsfelder wie Human Identification und Transportation sind auch von großem Interesse für militärische Zwecke. Zum anderen ruft das im Verfahren implementierte Medium Tätowierung ein ungutes Gefühl in unserem Geschichtsbewusstsein wach.

Nachdem auf der EXPO (im Rahmen der acriEXPOcultura 2000) unter dem Titel "Bestandteil sein" und im Naturkundemuseum Leipzig (im Rahmen der Ausstellung: natural_mente) das Problem von Animal-Labelling aus künstlerische Sicht beleuchtet wurde, will sich die neue Präsentation in der Dresdner Bank nun mit den obengenannten Themen auseinandersetzen. Einerseits um die anliegenden Probleme, die im Wissen um High-Technology, Bio-Technology etc. zu artikulieren, andererseits auch um ein offenes aber auch kritisches Bewusstsein zu schaffen für solche Entwicklungen.

Die vorliegende Arbeit "Bestandteil sein" zeichnet die Entwicklung eines Kunstwerks zum Produkt nach und stellt die Frage nach der Verantwortung, die sich durch die Kommerzialisierung ergibt. "Bestandteil sein" artikuliert, Bestandteil zu sein, der künstlerischen Idee. "Bestandteil sein" artikuliert aber auch, als Medienkünstler Teil der industriellen Gesellschaft zu sein und darin aktiv Verantwortung zu übernehmen.

Der Ausstellung "Bestandteil sein" in der Dresdner Bank wird im wesentlichen eine Installation in der Form eines dreidimensionalen Schaubildes, ein Diorama wie es jeder aus Museen oder von Architekturpräsentation her kennt, zeigen. Die Installation mit einer Größe von ca. 400 x 50 x 150 cm wird eine fiktive Transportation-Situation im klassischen Modellbahnmaßstab 1:87 zeigen, die im wesentlichen durch einen Modellbahnzug dargestellt wird, der mit Kodierungen der oben beschrieben Software-Entwicklungen versehen ist. Die Entscheidung Spielzeug für die Artikulierung des Themas zu verwenden, beruht auf dem Wissen, dass Modell-Spielzeug einerseits die reale Welt wiederspiegelt, aber Aufgrund der miniaturisierten Form uns ein Bild liefert welches abstrakt und real zugleich ist. Andererseits werden Modelle auch bei Produktpräsentationen verwendet, weil sie in der Lage sind komplexe Vorgänge zu visualisieren. Die Inhalte der auf das Modell aufgebrachten Kodierungen werden biblischen Inhalts sein. Einerseits um den gezeigten Modellfall hervorzuheben, andererseits um wieder auf die Intention zu verweisen die zur Entwicklung dieser Software geführt hat. Mit dieser Installation, die einerseits ein künstliches Bild schafft (unter der Verwendung industriell gefertigter Bestandteile), zu anderen aber auch eine Produktpräsentation sein könnte, bewegt sich die Ausstellung "Bestandteil sein" wieder auf dem schmalen Grad der Frage was ist Kunst. Ist Software in unserer heutigen Zeit Kunst oder ein kommerzielles Produkt? Die Ausstellung in ihrer Präsentationsform soll aber auch den Fakt bejahen als Künstler Teil einer Welt zu sein, die heute im wesentlichen auf Informationstechnologien beruht, welche in den letzten zwanzig oder vierzig Jahren vom sogenannten militärisch-industriellen Komplex geschaffen wurden.

Bernhard Schipper

© 2001 Bernhard Schipper

Quelle/Source: http://www.dust-dbugger.de/doorway/art/pdf/ars_project.html

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